Steuerhinterziehung

Definition: Was ist Steuerhinterziehung?

Eine Steuerhinterziehung ist eine in § 370 Abgabenordnung (AO) geregelte Steuerstraftat, die mit einer Geldstrafe oder mehrjährigen Freiheitsstrafe bedroht ist. Sie setzt ein vorsätzliches aktives Handeln (zum Beispiel falsche Angaben in der Steuererklärung) oder ein pflichtwidriges Unterlassen (keine Erklärung) gegenüber den Finanzbehörden sowie eine Steuerverkürzung oder ungerechtfertigte Vorteile bei der Steuer voraus. Ob abgegebene Steuerklärungen in Deutschland als vollständig und richtig gelten, richtet sich nach der Rechtsauffassung der Finanzverwaltung, die von Richtlinien, Urteilen und Erlassen bestimmt wird.

Inhaltsverzeichnis

  • Wann ist der Tatbestand der Steuerhinterziehung erfüllt?
    • Steuerverkürzung
    • Ungerechtfertigte Steuervorteile
  • Wann liegt eine Steuerhinterziehung durch Unterlassen vor?
  • Versuch einer Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 2 AO)
  • Wer kann eine Steuerhinterziehung begehen?
  • Konsequenzen: Welche Strafe droht bei einer Steuerhinterziehung?
    • Grundtatbestand: Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis fünf Jahre
    • Schwerwiegende Fälle: Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahre
  • Wann ist eine strafbefreiende Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung möglich?
  • Wann tritt die Verjährung bei Steuerhinterziehung ein?
    • Verjährung einer Steuerhinterziehung nach Strafrecht (§ 78 Absatz 1 StGB)
    • Verjährung einer Steuerhinterziehung nach Steuerrecht (§§ 169, 170 AO

Wann ist der Tatbestand der Steuerhinterziehung erfüllt?

Der Tatbestand der Steuerhinterziehung ist nach § 370 Absatz 1 AO erfüllt, wenn jemand

  • gegenüber den Finanzbehörden oder sonstigen Behörden unrichtige oder unvollständige Abgaben über steuerrechtlich relevante Tatsachen tätigt (vorsätzliches aktives Handeln)
  • den Finanzbehörden pflichtwidrig steuerrechtlich relevante Tatsachen verschweigt oder
  • pflichtwidrig die vorgeschriebene Nutzung von Steuerzeichen oder Steuerstempeln unterlässt (Unterlassung) und

durch dieses Verhalten oder Unterlassen Steuern verkürzt (Steuerverkürzung) oder sich oder einer anderen Person ungerechtfertigte Steuervorteile verschafft.

Steuerverkürzung

Eine Steuerverkürzung liegt vor, wenn die Steuern entweder gar nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgelegt werden (Veranlagungssteuern). Bei Fälligkeitssteuern ist eine Steuerverkürzung anzunehmen, wenn der Steuerpflichtige im Fälligkeitszeitpunkt eine niedrigere Steuer bezahlt, als er nach dem Steuerrecht in Deutschland tatsächlich schuldet.

Ungerechtfertigte Steuervorteile

Ungerechtfertigte Steuervorteile gelten als erlangt, wenn sie unrechtmäßig gewährt oder belassen werden. Ob der Steueranspruch aus anderen Gründen zugestanden wäre oder eine Steuerermäßigung aufgrund anderer Grundlagen stattfinden hätte müssen, ist für die Bestrafung irrelevant.

Beispiele für Steuerhinterziehung:

  • M macht unvollständige Angaben in seiner Steuererklärung.
  • N gibt bei den Behörden eine Steueranmeldung mit Falschangaben ab.
  • O macht bei einem Antrag oder einer Auskunft wissentlich Falschangaben.
  • P gibt seine Steuererklärung erst verspätet ab.
  • S verschweigt dem Finanzamt ausländische Kapitaleinkünfte.
  • T verkürzt seine steuerpflichtigen Umsätze.
  • U gibt überhöhte Betriebsausgaben und Werbungskosten an.

Wann liegt eine Steuerhinterziehung durch Unterlassen vor?

Die Voraussetzung einer Unterlassung ist nur dann erfüllt, wenn der Betroffene der Finanzbehörde steuerrechtlich erhebliche Informationen vorenthält. Laut Rechtsprechung liegt hingegen keine Steuerhinterziehung vor, wenn Steuerpflichtige lediglich von einem Irrtum oder Versehen der Finanzbehörden profitieren.

Beispiel: C hat dem Finanzamt die notwendigen Informationen durch die Steuererklärung übermittelt. Das Finanzamt nimmt versehentlich falsche Einkünfte an und bemisst dadurch die Steuer zu niedrig. Hier liegt keine Steuerhinterziehung durch Unterlassen vor. Der Steuerpflichtige muss Fehler des Finanzamts nicht berichtigen.

Wenn ein Steuerpflichtiger jedoch erkennt, dass er fehlerhafte oder unvollständige Angaben getätigt hat, muss er dieselben gemäß § 153 Abs. 1 AO unverzüglich berichtigen.

Versuch einer Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 2 AO)

Auch der bloße Versuch einer Steuerhinterziehung steht gemäß § 370 Abs. 2 AO unter Strafe. Ein solcher liegt dann vor, wenn ein Steuerpflichtiger nach seiner Vorstellung von der Tat unmittelbare Schritte ergreift, um den Tatbestand der Hinterziehung zu verwirklichen. Sogenannte Vorbereitungshandlungen, denen kein Erklärungswert gegenüber dem Finanzamt zukommt, gelten nicht als Versuch. Dazu zählen das Fälschen von Belegen, die Verwendung von gefälschten Belegen in der Buchhaltung und unrichtige Buchungen. Bei Vorbereitungshandlungen kann es sich aber um eine Steuergefährdung nach § 379 AO handeln.

Wer kann eine Steuerhinterziehung begehen?

Nur eine natürliche Person kann Täter einer Steuerhinterziehung sein. Betrifft der steuerrechtlich relevante Sachverhalt eine juristische Person wie eine GmbH, kommt nur eine natürliche Person wie ein Geschäftsführer, ein Mitarbeiter oder ein Steuerberater als Täter in Betracht.

Konsequenzen: Welche Strafe droht bei einer Steuerhinterziehung?

Im Falle einer Steuerhinterziehung drohen im Steuerstrafrecht verschiedene Strafen, je nach Schwere des Vergehens.

Grundtatbestand: Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis fünf Jahre

  • 370 Abs. 1 Satz 1 AO sieht bei einer Steuerhinterziehung eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren vor.

Schwerwiegende Fälle: Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahre

In besonders schwerwiegenden Fällen bewegt sich das Strafmaß der Freiheitsstrafe zwischen sechs Monaten und zehn Jahren:

Fall 1: Personen, die im großen Stil Steuern verkürzt oder ungerechtfertigte Steuervorteile erlangt haben

Fall 2: Personen, die ihre Befugnisse oder ihre Amtsstellung missbraucht haben

Fall 3: Personen, die die Unterstützung eines Amtsträgers ausgenutzt haben, der wiederum seine Stellung und Befugnisse missbraucht hat

Fall 4: Personen, die unter Nutzung nachgemachter oder gefälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder ungerechtfertigte Steuervorteile erlangt haben

Fall 5: Personen, die als Teil einer Bande Steuern hinterzogen haben

Die Strafbemessung richtet sich in Deutschland auch nach der Höhe der hinterzogenen Steuern. Für das Strafmaß bei Steuerhinterziehung gibt es Leitlinien des Bundesgerichtshofs. Die Verurteilung zu einer Geldstrafe wird im Bundeszentralregister vermerkt. Im Gegensatz dazu wird bei einer Einstellung gegen eine Geldauflage diese Auflage nicht eingetragen.

Wann ist eine strafbefreiende Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung möglich?

Die Voraussetzungen für eine strafbefreiende Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung sind in § 371 AO geregelt. Sie wurden im Jahr 2014 strenger geregelt (Nacherklärungszeitraum wurde auf zehn Jahre erhöht, der Selbstanzeigezuschlag wurde angehoben und die Sperrgründe wurden erweitert).

Damit eine Person, die Steuern hinterzogen hat, durch eine Selbstanzeige Straffreiheit erwirken kann, muss sie diese Voraussetzungen erfüllen:

  • zu allen noch nicht verjährten Steuerstraftaten einer Steuerart alle Angaben vollumfänglich berichtigen, ergänzen oder nachholen
  • die Sperrwirkung ist noch nicht erfüllt
  • die hinterzogenen Steuern plus Hinterziehungszinsen (§ 235 AO) und Zinsen nach § 233a AO innerhalb der festgelegten Frist begleichen

Wann tritt die Verjährung bei Steuerhinterziehung ein?

Es gibt eine Verjährung der Steuerhinterziehung im Steuerstrafrecht (Verfolgungsverjährung) und eine Verjährung der Steuerhinterziehung nach Steuerrecht (Festsetzungsverjährung).

1. Verjährung einer Steuerhinterziehung nach Strafrecht (§ 78 Absatz 1 StGB)

Die Verjährung nach Strafrecht beantwortet die Frage, ob beziehungsweise wie lange das Gericht eine Steuerhinterziehung strafrechtlich verfolgen kann.

Dauer der Verfolgungsverjährung

  • Grundtatbestand der Steuerhinterziehung: fünf Jahre
  • Schwerwiegende Fälle: 15 Jahre (Erheblichkeitsgrenze von 50.000 Euro)

Demnach verjährt die Steuerhinterziehung im Grundfall nach Ablauf von fünf Jahren (ab Beendigung der Steuerhinterziehung).

Beispiel: Hinterziehung von Einkommensteuer (Verjährungsfrist beginnt ab Vorliegen des Einkommensteuerbescheids zu laufen).

Die Verfolgungsverjährung richtig zu berechnen, ist eine wichtige Grundlage für die Selbstanzeige. Eine Selbstanzeige bringt nur dann eine Strafbefreiung, wenn alle strafrechtlich noch nicht verjährten Jahre berichtigt wurden.

2. Verjährung einer Steuerhinterziehung nach Steuerrecht (§§ 169, 170 AO)

Die Verjährung nach Steuerrecht (Festsetzungsverjährung) regelt, wie lange das Finanzamt Steuernachzahlungen fordern und steuerliche Bescheide rückwirkend erlassen darf. Nach Ablauf dieser Frist dürfen Finanzbehörden für das jeweilige Kalenderjahr keine steuerlichen Bescheide mehr fällen oder ändern.

Dauer der Festsetzungsverjährung:

  • leichtfertige Steuerverkürzung: fünf Jahre
  • Steuerhinterziehung: zehn Jahre

Die Festsetzungsverjährung legt das steuerrechtliche Nachzahlungsrisiko für den Steuerpflichtigen fest. Je weiter das Finanzamt in vergangene Jahre zurückgreifen kann, desto höher fällt die Steuernachzahlung aus.

Quellen

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