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Steuerhinterziehung im Internet: Onlinehandel von Waren ohne Gewerbeanmeldung

Steuerhinterziehung im Internet: Onlinehandel von Waren ohne Gewerbeanmeldung

Das Internet macht es jedermann leicht, sich ein kleines (oder auch ein größeres) Nebeneinkommen aufzubauen. Die Briefmarken-Sammlung der Oma bei eBay versteigern oder einen Restposten an Modeschmuck einzeln weiterverkaufen – das Web bietet grenzenlose Möglichkeiten und nahezu für jedes Stück einen Abnehmer. Doch einer sieht dabei ganz genau hin: der Fiskus. Die Grenze zwischen privaten Verkäufen und gewerblichem Handel ist nämlich fließend und wird schneller überschritten, als so mancher Onlinehändler glauben würde – und schon steht der Vorwurf der Steuerhinterziehung im Raum. Was viele nicht wissen: Die Steuerfahnder recherchieren gezielt nach Schwarzhändlern, die im Internet erfolgreich, aber ohne Gewerbeschein, Waren verkaufen.

Schwammige Rechtsvorschriften und uneinheitliche Rechtsprechung

Es wäre einfach, gäbe es eine Vorschrift wie: „Wer mehr als 500 Euro im Jahr durch Privatverkäufe verdient, ist Unternehmer“. Gibt es aber nicht. Tatsächlich existiert keine konkrete Grenze, ab der ein Onlinehändler als gewerblich eingestuft wird. Vielmehr stellt der Gesetzgeber auf eine recht schwammige Definition ab, nämlich auf eine selbstständige, nachhaltige Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht. Doch ab wann ist die Tätigkeit nachhaltig? Ab wann ist von einer Gewinnerzielungsabsicht auszugehen? Darüber sind sich selbst die Gerichte zuweilen uneinig, wie diese Fälle zeigen:

  • Eine Mutter verkaufte 80 Kleidungsstücke ihrer vier Kinder und wurde als Unternehmerin eingestuft (Urteil des LG Berlin vom 5. September 20016, Az. 103 O 75/06).
  • Eine eBay-Verkäuferin hatte innerhalb von rund zwei Jahren 140 Auktionen abgewickelt und wurde als gewerblich angesehen (Urteil des BF vom 12. August 2015, Az. XI R 43/13).
  • Ein privater Händler hatte 15 bis 20 Schmuckstücke pro Monat veräußert – dies war zu viel, wie das LG Dessau-Roßlau urteilte (Urteil vom 11. Januar 2017, Az. 3 O 36/16).

Die Richter betrachten stets die Umstände des Einzelfalls und beziehen dabei verschiedene Indizien ein (z. B. Weiterverkauf neuer Ware, wiederholte, gleichartige Angebote), wie der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 4. Dezember 2008 (Az. I ZR 3/06) festgestellt hat.

Steuerhinterziehung oder berechtigtes Privatgeschäft? Die wichtigsten Indizien für ein Gewerbe

Es gibt eine Vielzahl von Indizien, die auf eine gewerbliche Tätigkeit eines Onlinehändlers hindeuten können. Hierzu gehören beispielsweise:

  • Verkauf selbst hergestellter Artikel
  • Wiederverkauf von eigens dafür gekauften Waren
  • großes Aufkommen an Transaktionen bzw. verkauften Artikeln
  • wiederholtes Angebot von Neuwaren, die nicht für den eigenen Gebrauch gedacht waren
  • eigener Onlineshop
  • sehr viele Bewertungen in kurzen Zeiträumen auf Verkaufsplattformen wie Amazon oder eBay bzw. dauerhaft hohes Aufkommen an Bewertungen pro Monat
  • Anzahl der laufenden Verkäufe bzw. Angebot
  • gleiche Artikel in unterschiedlichen Ausprägungen (z. B. verschiedene Smartphone Modelle, Kleidung in unterschiedlichen Größen und Farben)
  • auf Dauer angelegt

Jeder Händler, der die Grenze zum gewerblichen Handel überschreitet und sowohl die Gewerbeanmeldung unterlässt als auch die Einkünfte nicht in der Einkommensteuererklärung angibt, begeht eine Steuerhinterziehung. Deshalb sollten Privatpersonen, die regelmäßig über eBay, Amazon und andere Verkaufsplattformen Waren anbieten, prüfen, ob bei ihnen nicht bereits eine gewerbliche Tätigkeit vorliegen könnte. Eine Anzeige wegen einer Steuerhinterziehung kommt sie nämlich deutlich teurer zu stehen als die bloße Abführung der anfallenden Einkommens- und ggf. Umsatz- und Gewerbesteuer.

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